Rede des Vorsitzenden der FWG-Fraktion Markus Giesen zur Beratung der Haushaltssatzung des Jahres 2017 der Stadt Bedburg
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Kämmerer,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
auch im Jahr 2017 ist das finanzielle und politische Handeln in unserer Stadt stark eingeschnürt – dennoch zeigen sich sehr zarte Silberstreifen am Horizont für die Zeit nach Beendigung des Haushaltssicherungskonzeptes im Jahr 2022. Dies ist jedoch kein Freibrief für alle Verantwortlichen, mit dem Füllhorn durch die Stadt zu laufen und Geschenke zu verteilen. Die Zeit der historisch niedrigen Kreditzinsen darf nicht zu Übermut führen. Dennoch sollten wir uns alle die Aussage des Bürgermeisters bei der Einbringung des Haushaltes zu eigen machen. Er sagte: „Wir können uns über das freuen, was machbar ist, und sollten nicht darüber klagen, was zur Zeit nicht machbar ist.“
Im vergangenen Jahr haben wir wichtige Projekte auf den Weg gebracht: Die Erweiterung des Rathauses, der Spatenstich zum Bau des „Hauses der Begegnung“ in Kaster, der Bau eines neuen Kindergartens in Kirdorf, des Regenrückhaltebeckens in Kirchtroisdorf und der Flüchtlingsunterkünfte, die später als Sozialwohnungen genutzt werden sollen. Hier hat der gesamte Rat Weitsicht bewiesen. Da Privatinvestoren fast nichts mehr in den Bau von Sozialwohnungen stecken, muss die öffentliche Hand an dieser Stelle Vorsorge treffen. In den uns umgebenden Großstädten Köln, Düsseldorf, Aachen und Mönchengladbach finden Menschen mit schmaler Brieftasche kaum noch bezahlbaren Wohnraum. Dem müssen Bund und Land auf allen Ebenen entgegenwirken, damit es nicht zu Quartiersbildungen nach dem Motto „hier die Reichen, dort die Armen“ kommt. Die FWG wird sich deshalb weiterhin für den Bau von Sozialwohnungen in Bedburg einsetzen.
Viele Menschen fühlen sich durch die politisch Handelnden vernachlässigt und wählen deshalb vermehrt rechte Populisten. In den USA wurden alle sogenannten Experten vom Wahlergebnis überrascht. Man muss es leider deutlich sagen: viele Menschen fühlen sich von der Politik alleingelassen und sind das Establishment einfach satt. Wenn unsere in Bund und Land gewählten Verantwortlichen diese Gefahr nicht bald erkennen und gegensteuern, werden wir hier in NRW 2017 ähnliches erleben. Die politische Unzufriedenheit beginnt aber auch in den Kommunen zu erstarken: Schwierigkeiten und Probleme werden nicht mehr angemessen kommuniziert, Ratlosigkeit, falsche Informationen und Hetze machen sich breit. Städte im Ruhrgebiet und in den östlichen Bundesländern sind am Ende ihrer finanziellen Möglichkeiten, andere sind dem nahe. Hier entsteht die Unzufriedenheit mit der Politik. Auch wir in Bedburg stehen in der Verantwortung und müssen uns mit diesem Thema beschäftigen. Wir dürfen niemanden ungehört lassen, müssen uns aber energisch für die Gleichheit und Gerechtigkeit einsetzen!
Sicherheit und Ordnung müssen in unserer Stadt einen hohen Stellenwert haben. Wer in letzter Zeit einmal den Bedburger Bahnhof nutzen musste, hatte sicherlich ein beklemmendes Gefühl. Vandalismus und Verdreckung schrecken Reisende ab. Das Eingangstor unserer Stadt macht einen desolaten Eindruck. Hier muss massiv gegengesteuert werden, auch wenn hauptsächlich die Deutsche Bahn als Eigentümer entscheidend ist. Wir setzen uns dennoch für weitere Verstärkungen des Ordnungsdienstes ein. Jeder Euro, den wir hier in Prävention investieren, zahlt sich für unser Zusammenleben aus.
Die rege Bautätigkeit, die man an vielen Stellen im Stadtgebiet beobachten kann, soll nicht ins Stocken geraten. Die Bevölkerungszahl in Bedburg wächst, man zieht wieder aufs Land. Es gilt für uns, diesen Trend zu unterstützen und, wenn möglich, zu fördern.
Vor wenigen Wochen konnte im Rat endlich der Antrag der FWG für die Vergabe der Konzessionsverträge Strom und Gas mit RWE bzw. Innogy verabschiedet werden. Diese Verträge bringen jährlich gutes Geld in die Stadtkasse. In diesem Zusammenhang äußerten die anderen Fraktionen erste Gedanken über die Gründung von Stadtwerken hier in Bedburg. Wir halten das für einen schweren Fehler. Ein Blick in die Republik zeigt, wie viele Städte auf diesen angeblichen Goldesel gesetzt haben und ihn jetzt lieber heute als morgen wieder los wären, da er sich als Millionengrab erwiesen hat. Dieses Risiko werden wir nicht eingehen – wir haben leider schon ein anderes Millionengrab in unserer Stadt.
Unser Antrag, die Stadtverwaltung jährlich zusätzlich mit zwei qualifizierten Nachwuchskräften auszustatten, wurde vom Rat einstimmig befürwortet. Über unseren Antrag, die Grünpfleger – sprich: den Bauhof – der Stadt ebenfalls personell aufzustocken, wird zu gegebener Zeit entschieden. Auch hier bleiben wir am Ball.
Außerdem hat die FWG beantragt, eine städtische Kulturgesellschaft zu gründen. Mit einer solchen Gesellschaft soll das kulturelle Leben in der Stadt unterstützt und verstärkt, aber auch die Stadtverwaltung entlastet werden, Transparenz und bessere Budgetierung im Bereich der Kultur geschaffen werden. Die zahlreichen Ausstellungen und Konzerte des vergangenen Jahres beweisen, wozu Bedburg fähig ist – man erinnere sich nur an die diesjährige Musikmeile!
Unser Antrag zur Stärkung des Naturschutzes in Bedburg wurde im Fachausschuss beraten und zur Klärung weiterer Fragen vertagt. Auch hier werden wir weiterhin aktiv bleiben und uns für ein entsprechendes Begrünungs- und Naturschutzkonzept in unserer Stadt einsetzen. In den Haushalt konnten wir einbringen, dass durch die Verwaltung ein Handlungskonzept zur sogenannten „grünen Infrastruktur“ in der Stadt erstellt und dem Land vorgelegt wird, damit Fördergelder generiert werden können.
Wir werden uns weiterhin für den Erhalt der Sportplätze im gesamten Stadtgebiet einsetzen. Sobald es die Finanzlage zulässt, werden wir die Verwaltung in Abstimmung mit dem „Runden Tisch Sport“ bitten, zu prüfen, welche Asche- und Rasenplätze in Hybridplätze umgewandelt werden können. Die Schaffung eines Fitness- und Laufparks in der Nähe des Kasterer Sees aufgrund eines Antrags der FWG ist derzeit in Vorbereitung und Realisierung.
Städtisches Handeln bedarf manchmal einer gewissen Geduld. So mussten die Bewohner von Pütz und Weiler Hohenholz lange auf schnelles Internet warten. Endlich kann hier Vollzug gemeldet werden. Die Leistung des Internets muss aber ständig verbessert werden; in einigen Stadtteilen ist diese deutlich zu gering. Wir setzen uns daher für einen Ausbau auf 100 Mbit/s im gesamten Stadtgebiet ein.
Aber auch ein anderes Netz muss verbessert werden, nämlich das des ÖPNV: Unser Antrag zur Einführung eines Bürgerbusses befindet sich in der abschließenden Prüfung. Bei einem positiven Ergebnis werden wir alles daransetzen, dieses Vorhaben zu realisieren.
Das neue Jahr wirft seine Schatten voraus: Wie wir oft vom Kämmerer in den vergangenen HH-Beratungen hörten, sind freiwillige Leistungen einer Kommune im Haushaltssicherungskonzept immer wieder zu prüfen und kritisch zu hinterfragen. Getreu unserer direktdemokratischen Devise „Bürgerwille zählt“ haben wir kürzlich einen Ratsbürgerentscheid über den Fortbestand des Freibades beantragt, welcher Anfang 2017 im Rat diskutiert werden wird. Dieser Entscheid soll auf einer möglichst großen Beteiligung fußen und kostengünstig durchgeführt werden. Deshalb haben wir die Abstimmung am Tag der Bundestagswahl vorgeschlagen. Das Ergebnis dieses Ratsbürgerentscheides ist für uns bindend, egal, wie er ausgeht. Und deshalb werden wir uns neutral aufstellen, die Fakten zum Freibad aufzeigen, aber wir werden den Bedburger Bürgerinnen und Bürgern die Entscheidung überlassen, ohne eine Empfehlung abzugeben. Meine Bitte an die Kollegen der anderen Fraktionen: Haben Sie keine Angst vor der eigenen Courage und folgen Sie diesem Antrag, um die Bürgermeinung zum Freibad zu erfassen und ein tragfähiges Handlungskonzept daraus abzuleiten.
Wie man aus den Nachrichten entnehmen kann, steigt die Zahl der Bedrohungen und körperlicher Angriffe auf Ehrenamtler und damit auch auf Kommunalpolitiker an. Das muss aufhören! Wir als parteiunabhängige Wählergemeinschaft bitten daher alle Wahlberechtigten, von ihrem Wahlrecht bei den anstehenden Wahlen Gebrauch zu machen und dabei den rechten Rattenfängern und den linken Spinnern Einhalt zu gebieten. Es muss zu dem vielbesagten „Aufstand der Anständigen“ kommen. Bisher ist es uns allen gemeinsam gelungen, Bedburg schadlos zu halten. Hoffentlich bleibt das so. Der sehr gute Umgang mit den hier lebenden Flüchtlingen macht uns stolz. Danke hierfür an alle freiwilligen Helferinnen und Helfer und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung! Die Einführung der Ehrenamtskarte sehen wir als kleines Dankeschön der Stadt an diejenigen, die sich für die Gesellschaft einbringen.
Unsere finanzpolitische Zielsetzung ist und bleibt, die Erhöhung der Grundsteuer zu stoppen und rückgängig zu machen. Sollte die finanzielle Entwicklung der Stadt dies ermöglichen, werden wir entsprechend handeln. Stattdessen müssen andere Einnahmequellen geschaffen und genutzt werden. Förderprogramme des Landes, des Bundes und der EU müssen konsequent in Anspruch genommen werden. Schwerpunkte des städtischen Handelns sehen wir im Bau und Erhalt von Kindergärten und Schulen. Irrsinnige Ideen wie die vor einigen Jahren diskutierten Schließungspläne der CDU und ihres damaligen Bürgermeisters in Sachen Grundschule Kirchherten, denen wir uns als FWG vehement widersetzt haben, müssen endgültig der Vergangenheit angehören – und dafür werden wir sorgen. Hatten wir es noch vor wenigen Jahren mit sinkenden Zahlen bei Kindergartenkindern und Schülern zu tun, freuen wir uns jetzt wieder über steigende Zahlen. Wer in Kinder investiert, investiert in die Zukunft! Daher haben wir auch durchgesetzt, dass sich die Verwaltung zukünftig verstärkt mit den Universitäten und Fachhochschulen in der Region in Verbindung setzen soll, um nicht nur das Schulangebot durch universitäre Kooperationen zu stärken, sondern vor allem, um Ansiedlungen wissenschaftlicher Betriebe anzustreben. Gerade dies ist in Zeiten des Strukturwandels ein wichtiges Zeichen.
Daher werden wir den Bürgermeister bei seinen Bemühungen nach interkommunaler Zusammenarbeit tatkräftig unterstützen. „Gemeinsam statt einsam“ war schon eines unserer Mottos des Wahljahres 2014 – und gemeinsam ist man bekanntlich stärker.
Wir haben mit Freude vernommen, dass ein seit längerer Zeit stellenloser Mitbürger jetzt endlich eine Beschäftigung bei der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Wiesbaden gefunden hat. Das Wohl und Wehe jedes einzelnen Bedburger Mitbürgers liegt uns als FWG sehr am Herzen. Was für ein Glück! Daher auch in diese Richtung unsere herzlichen Grüße. Wir wünschen viel Erfüllung im neuen Job!
Wir freuen uns bereits heute auf den Baubeginn des Rathausanbaus hier in Kaster. Sobald die gesamte Verwaltung dort ihre gemeinsame Arbeitsstätte gefunden hat, werden wir den Bürgermeister bitten, die Vermarktung der beiden dann verbleibenden Gebäude – dem Alten Rathaus und dem Gründerzentrum – zu betreiben. In diesem Zusammenhang haben wir uns einmal mehr über die Erinnerungslücken der CDU gewundert. In einem Pamphlet der übelsten Art wurde bereits jetzt eine Kostenerhöhung für das Rathaus bemängelt. Dass die Kosten für das von der damaligen Koalition geplante Rathaus auf dem Schlossparkplatz deutlich höher waren, wurde geflissentlich verschwiegen. Dennoch werden wir die Kostenentwicklung im Auge behalten und eine zweckdienliche Raumplanung fordern, die dem Bedarf der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter entspricht.
Abschließend möchten wir uns bei den politischen Mitstreitern, der Stadtverwaltung, insbesondere der Kämmerei unter der Leitung von Kämmerer Herrn Baum sowie Herrn Bürgermeister Solbach für die kollegiale Zusammenarbeit bedanken. Streiten in der Sache belebt die Demokratie, danach ein gemeinsames Bier – oder ein Glas Wein – trinken die Geselligkeit. Unser aller Ziel sollte es bleiben, Bedburg als lebenswerte Stadt weiter zu entwickeln und für junge Familien als Wohnort attraktiv zu machen. Daran werden wir als FWG weiterarbeiten.
Nach dieser Rede dürfte es nicht überraschen, dass wir dem Haushalt für das Jahr 2017 zustimmen werden. Vielen Dank an Herrn Kämmerer Baum, Herrn Esser und allen Mitarbeitern der Kämmerei, die an der Erstellung dieses Haushalts mitgewirkt haben!
Wir alle müssen aber noch einmal daran denken, dass uns neben vernünftiger Politik in Zukunft auch die gute Gesellschaft erhalten bleibt, in der wir fair und offen miteinander umgehen. Dafür werden wir uns vorbehaltlos einsetzen.
Schließen möchte ich mit einem Zitat des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker:
„Es gibt keine Alternative zur Erkenntnis, dass wir, allen Konflikten zum Trotz, in einem Boot sitzen.“
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!