Gedanken und Ideen zum Strukturwandel im Rheinischen Revier

Dies ist ein offener Brief an die politischen Vertreterinnen und Vertreter im Rheinischen Revier zum Thema Strukturwandel.

Sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen,

wie wahrscheinlich alle kommunalpolitischen Akteure im Rheinischen Revier macht sich auch die Freie Wählergemeinschaft Bedburg e. V. viele Gedanken, was wir machen können, um die Folgen des Strukturwandels und auch des Klimawandels für unsere Kommune und die Region abzumildern und zum Positiven wenden zu können. Jedoch gibt es mit dem Landtag und dem Bundestag höhere Gremien, die der Meinung sind, für das Rheinische Revier das Beste zu tun, allerdings kommen uns nach intensiver Betrachtung berechtigte Zweifel daran.

Weit weg von den Geschehnissen vor Ort entscheiden der Bundestag und der Landtag über unsere Köpfe hinweg. Mit der Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR) wurde eine Gesellschaft gegründet, die sich um die Belange vor Ort, die Verwaltung der Gelder für den Strukturwandel und um Projekte und Anträge zum Strukturwandel aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft kümmern soll. Wir bezweifeln, dass die ZRR – zumindest in der derzeitigen Besetzung – über die notwendige Kompetenz und Neutralität verfügt. Die Kommunen sind dort zwar vertreten, allerdings hört und liest man von harten Verhandlungen, die größtenteils auf Einzellösungen setzen und eine umfassende regionale Planung vermissen lassen.

Ebenso ist die Strategie der Landes- und Bundespolitik, das Rheinische Revier nach vorne zu bringen, fragwürdig. Abgesehen von dem vor kurzem geschlossenen Reviervertrag werden viele unklare Schritte und zu wenige richtungsweisende Entscheidungen getätigt. Natürlich und berechtigterweise wollen alle Akteure ein Stück vom Kuchen abhaben, aber die zentrale Frage richtet sich nach dem Nutzen für das gesamte Revier, nicht nach Einzelinteressen bzw. -projekten. Zudem existieren einige bürokratische Hürden in der Regionalplanung, die nicht mit dem Tempo des Strukturwandels mithalten können.

Was können wir als KommunalpolitkerInnen machen, um gemeinsam Lösungen zu finden, neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Natur neu zu gestalten? Wir sehen eine Chance darin, die Folgen für das lokale Klima durch die Sophienhöhe, die bereits jetzt spürbar sind und im Rat der Stadt Elsdorf kritisch hinterfragt wurden, progressiv anzugehen. Auch sehen wir die Chance, die Folgen der fragwürdigen Entscheidung, aus den Tagebauen mit Rhein- und Erftwasser riesige künstliche Seen zu entwickeln, nachhaltiger gestalten zu können. Dieses Vorhaben ist aber nur gemeinsam in der Region zu schaffen. Wir wenden uns daher an Sie, um Ideen zu teilen, von denen wir denken, damit einigen Herausforderungen entgegenzutreten, und würden uns freuen, Unterstützung aus anderen Kommunen des Rheinischen Reviers finden zu können.

Durch die Regelungen des Kohleausstieggesetzes erhält die RWE AG 2,6 Milliarden Euro als Entschädigung für den vorzeitigen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung. Bevor dieses Geld an Aktionäre und Gesellschafter geht, suchen wir einen Dialog über die nachhaltige und langfristige Entwicklung der Region, aus der die RWE jahrzehntelang auf Kosten der Heimat tausender Menschen und natürlicher Landschaft, wie sie vor den Tagebauen bestand, Kapital schlagen konnte.

Aus den offenen Tagebauen sollen riesige Seen entstehen, die als planerische Notlösung touristischen Zwecken dienen soll, ohne, dass die regionale Wasserwirtschaft dies auch nur annähernd sinnvoll darstellen kann und bereits jetzt vor schwerwiegenden Problemen warnt. Stattdessen werden Bilder von Naherholungsgebieten suggeriert, jedoch wird zu den Kosten des Verlustes wertvollen Süßwassers geschwiegen, ebenso wie zu der Möglichkeit des natürlichen Filterns des Grundwassers durch abdeckende Sand- und Bodenschichten. Offen bleibt auch die Frage, ob die Wasserqualität der Seen für eine spätere konstante Nutzung als Badeseen überhaupt gegeben sein wird.

Wir streben an, die RWE auf politischem und gesellschaftlichem Wege davon zu überzeugen, die Tagebaue zumindest in Teilen wieder zu verfüllen. Dabei ist zu prüfen, ob im Sinne des Verzichts auf Weiterführung von Abbauflächen gegebenenfalls ein teilweiser Rückbau der Innenkippe der Sophienhöhe möglich ist, um die zuvor dargestellten Folgen abzumildern. Ebenso ist aus unserer Sicht dringend der Einfluss der Sophienhöhe auf das lokale Klima durch ein Gutachten bewerten zu lassen. Rückmeldungen der betroffenen AnwohnerInnen hierzu dürfen auch bezüglich geringerer Niederschlagsmengen im Hinblick auf den Klimawandel nicht sorglos missachtet werden. Denkbar wäre dabei eine Rückverfüllung von Abraummaterial in den Tagebau, um die Ausdehnung der Sophienhöhe insbesondere in dem zuletzt aufgeschütteten Teil zu verringern.

Was zudem leider kaum bemerkt wird, ist die Tatsache, dass die Sophienhöhe auf der Grenze zweier Erdschollen, der Rurscholle und der Erftscholle, aufgeschüttet worden ist, und daraus resultierende Auswirkungen auch im Hinblick auf den dort geplanten See noch nicht abzusehen sind. Dass sich im Bereich der Sophienhöhe jedoch auch positive Effekte zeigen, z. B. die Rückkehr seltener Tierarten, wollen wir nicht unterschlagen. Eine Verfüllung und Rückführung von Teilen der Sophienhöhe bietet zusätzlich die Chance, RWE-MitarbeiterInnen weiterhin eine Beschäftigung zu ermöglichen.

Diese kurz umrissenen Gedanken und Ideen bieten unserer Meinung nach neben den Forschungsprojekten, neuen Wegen zur Erzeugung grüner Energie und weiteren Infrastrukturmaßnahmen Chancen, nachhaltig für unser Revier zu sorgen – mit Blick auf künftige Generationen, denen gegenüber wir verpflichtet sind, keine „ausgemergelte“ Erde zu hinterlassen.

Wir sind gespannt auf den Dialog mit Ihnen, freuen uns auf Ihr Feedback und würden es sehr begrüßen, mit Ihnen Mitstreiter zu finden, die diese und weitere Ideen diskutieren und gemeinsam unterstützen. Gerne können wir uns dazu per E-Mail an fwg@fwg-bedburg.de und darauffolgend im Rahmen eines Zoom-Gesprächs austauschen.

Mit freundlichen Grüßen,
gez.
Robert Getz
Vorsitzender der Freien Wählergemeinschaft Bedburg e. V.